Lügen haben keine kurzen Beine

Im Jahr 1930 versuchten preußische Beamte, die NSDAP zu verbieten. Die Regierung lehnte das ab. Sie wollte die Nazis lieber politisch stellen.

Über den Unsinn Rechtsextremisten in Interviews und Talkshows politisch zu stellen, wird seit mindestens einem Jahrzehnt diskutiert. Um zu wissen, dass diese Diskussionen in der Praxis nicht gefruchtet haben, reicht ein Blick auf die Wahlergebnisse der AfD. Dass allerdings Politiker und Medienschaffende immer noch mit Verve solche Interviews verteidigen und deren Störungen verurteilen, zeigt dass diese ganzen Diskussionen null Lerneffekt hatten. Die Bühne, die Faschisten bekommen, mit der AfD eine Partei, die möglicherweise vor einem Verbot steht, wird nicht kleiner, sondern im Gegenteil immer größer und prominenter!

Man kann denen, die immer noch glauben, man könne Faschisten mit Interviews entlarven oder politisch stellen, nur dringend raten, nach solchen Interviews mal die rechtsextremen Medienkanäle und die einschlägigen Seiten von Rechtsextremisten zu besuchen. Idealerweise auf Telegram. Lügen haben keine kurzen Beine, sondern, wie eine richtigere alte Weisheit besagt: die Lüge ist der Wahrheit immer einen Schritt voraus.
Fiktiv: Der Interviewer fragt zum Klimawandel. Der Gast behauptet die Erde sei eckig. Der Interviewer holt tief Luft, schaut auf seinen Zettel, wo keine Daten zu finden sind, die diese Behauptung widerlegen. Er stottert „Meinen sie das jetzt ernst!“ Der Gast grinst hämisch. „Hat ihr Sender niemand, der sich besser damit auskennt als sie? Dann ist das ganze Interview ja sinnlos! Noch so eine dämliche Frage und ich breche das Interview ab.“ Interviewer: „Nein, nein, machen wir weiter. Wir werden dazu einen Faktencheck machen. Warum bestreiten sie, dass die Erde ein Kugel ist?“ „Das wagen sie mich ernsthaft zu fragen?! Wozu bezahlt ihr Sender sie eigentlich?!“ …

Ergebnis: Das Klientel des Gastes feiert in den eigenen und in den sozialen Medien, was für eine schöne Ohrfeige die Lügenpresse wieder bekommen hat. Zur besten Sendezeit. Die Aufzeichnung wird auf allen braunen Kanälen und Medien rauf und runter geteilt. Einige 100.000 Klicks sind ihnen gewiss. Und einige tausend Stimmen mehr bei der nächsten Wahl von denen, die es freut, dass die „Demokratiesimulation“ es mal wieder richtig gezeigt bekommen hat.

Aber das ist nicht die einzige Folge. Götz Kubitschek und Martin Sellner reden offen darüber, das Overtone-Window zu verschieben. Das heißt: Bisher nicht Sagbares sagbar zu machen. Die Tabus aufzuheben, bei denen ein gesellschaftlicher Konsens besteht. Aus menschenrechtlichen, humanistischen, moralischen oder Verfassungsgründen. „Messermörder“ darf man sagen. Auch wenn jeder weiß, dass damit Dunkelhäutige und Muslime gemeint sind. Deportationen -sogar von Staatsbürgern – darf man wieder sagen, wenn man es „Remigration“ nennt. Und was sagbar wird, wird in der Folge auch machbar! Damit das, so wie der Fall Brosius-Gersdorf, aus den faschistischen Zirkeln in der bürgerlichen Mitte der Gesellschaft und bei den entscheidungstragenden Eliten landet, gibt es nur ein Mittel – das öffentlich-rechtliche Fernsehen. Das Fernsehen reicht gerne die hilfreiche Hand und lässt sich dafür instrumentalisieren! Getragen von „Experten“, die sich und dem Fernsehen gerne die Existenzberechtigung der Interviews und Talkshows bescheinigen, auch wenn sie helfen die Demokratie zu zerschlagen. Im Dienst von von Russland gelenkten Faschisten.

Der „Volksverpetzer“ hat dankenswerterweise aktuell auf eine Studie hingewiesen, die die Folgen solcher Medienauftritte von Rechtsextremisten mit soliden Zahlen wissenschaftlich belegt. Sie hat den Titel:
Media platforming and the normalisation of extreme right views

In Österreich ist es etwas anders. Schlimmer! Denn dort werden Einladungen des ORF oder Berichterstattung über FPÖ-Veranstaltungen zunehmend abgelehnt. Mit Auf1 und Servus-TV hat das rechte Spektrum genug eigene Medienmacht und Reichweite aufgebaut. Dazu kommen FPÖ-TV, RTV, Info-Direkt, Report24, Heimatkurier und eine ganze Reihe weiterer Medien im Print- und Social-Media-Bereich. Man braucht das öffentlich-rechtliche Fernsehen nicht mehr.

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