Der Gute Mensch schlechthin.

Alle „die etwas auf sich halten“ so Sabine Oelmann in einer ntv-Kolumne, betonen anlässlich des Todes von Margot Friedländer den „Menschen“. „Sei ein Mensch“.
Es gibt wohl einen Drang bei allen liberalen Demokraten ein Mensch zu sein der nur Gutes tut. Ein „Gutmensch“. Um deutsche Schuld aufzuarbeiten. Nein, ich schließe mich nicht dem Spott von Nazis oder Antiwoken an, die Altruismus verachten. Ich meine die, die Gut sein wollen, aber mit dem Arsch einreißen, was sie vorne aufbauen. Die, deren Gutsein nichts bewirkt oder sogar schadet. Mir drängt sich die Frage auf, ob dieses Gutmenschentum ein hilfloses Verbohren in Gedenkkultur ist, weil diesen Menschen anlässlich der Woge des Faschismus, die bald auch über uns zusammenschlagen wird, nichts besseres einfällt als an seit 80 Jahren wirkungslosen Mitteln gegen das „doch wieder“ festzuhalten. Ob es eine weitgehend sinnlose Ersatzhandlung ist um nicht potentiell wirkungsvollere Schritte gegen den Faschismus anzugehen. Wie zum Beispiel ein AfD-Verbot. Oder dient die inflationäre Erinnerungskultur eine Gewissensauslagerung? Nach dem Motto: Ich kümmere mich um die Überlebenden, heiße gegebenenfalls sogar einen israelischen Genozid oder israelischen Faschismus gut, wenn ich mich dafür nicht mit den Verbrechen meiner Familie auseinandersetzen muss und den heute mit verbundenen Augen greifbaren Gründen wie es damals dazu kommen konnte. Mit meiner Verantwortung als einzelner Bürger für das „Nie wieder!“

Nachdem ich vorgestern eine Meldung gelesen habe, über eine 83-jährige Holocaustüberlebende, der von einer deutschen Behörde eine gewaltsame Abschiebung angedroht wurde, nachdem ihre Familie sie aus Israel nach Deutschland geholt hat, und nachdem ich ein Interview mit Niklas Frank gesehen habe, unter anderem darüber, wie sein Vater werden konnte was er war, glaube ich verstanden zu haben was die drei Hauptzutaten für Verfolgung und Genozid sind. Es braucht keinen Personenkult, keinen Polizeistaat und keine neuen Gesetze.
Nur drei Dinge: Hirnwäsche durch Abschaffung von Fakten und Wahrheit. Die Menschen müssen alles und gleichzeitig nichts glauben und ungefiltert emotional ansprechbar sein. Gefolgt von einer allgegenwärtige Hetze, die einen unterschiedlichen Wert menschlicher Leben suggeriert. Neger sind dumm, Juden sind geldgierig, Zigeuner klauen oder Migranten sind Messerstecher. Idealerweise mit Opfernarrativen. Frustration erzeugt Aggression. Das führt zu einer latenten Gewaltbereitschaft, gegenüber „Subjekten“ oder „Untermenschen“.
Als zweites muss eine Distanz vom Täter zur Tat geschaffen werden. Im digitalen Zeitalter sind es Bildschirme auf denen man wie in einem Videospiel tötet. Maschinen töten lässt. Am besten eine KI, eine künstliche Intelligenz töten lässt. Früher waren es große Verwaltungsapparate und Berge von Akten, in denen die Opfer mit deutscher Gründlichkeit zu einer entmenschlichten Nummer wurden zu Vieh mit einer eintätowierten Nummer.
Und zuletzt muss man Ehrgeiz erzeugen. Menschen eine Aufgabe geben, ihnen erklären, dass sie an ihrer Aufgabe über sich hinaus wachsen, sie permanent loben für ihre Untaten und ihnen die Eigenverantwortung abnehmen. Mehr braucht es zumindest psychologisch nicht um reihenweise Mörder zu züchten.

Um die Hirnwäsche und die anschließende Hetze, die zu wachsender latenter Gewaltbereitschaft führt, zu ermöglichen, werden wie damals haufenweise faschistische Medien gegründet und bestehende Medien entweder gekapert oder zerschlagen. Damals die „verjudete Presse“ oder die „Lügenpresse“. Heute auch. Heute werden Soros, Rockefeller oder die NWO für jeden liberalen Widerstand gegen den Faschismus verantwortlich gemacht. Die New World Order hieß bei Hitler das „amerikanische Finanzjudentum“.
Aber eigentlich ist das heute gar nicht nötig. Die liberalen Medien machen sich zu willigen Mittätern. Keine Magazinsendung und keine Talkshow ohne einen Auftritt von Faschisten. Sie haben es mit false Balance geschafft, eine inzwischen an Wählerstimmen gemessen berechtigte Balance zu machen.


Keine geschichtliche Epoche der Welt ist so ausdiskutiert, auserforscht und literarisch aufgearbeitet worden wie die NS-Zeit. Trotzdem will keiner sehen, wie sich die Opfernarrative ähneln. Die Verschiebung der Sprache, die Formate der Hetze.

In den USA kann man im Detail sehen, wie es sich damals in Deutschland entwickelte und was bei uns wieder droht. Und wie willig alle dabei mitmachen. Sich überbieten an Unterwürfigkeit. Menschenverachtung und Empathielosigkeit zur Norm werden. Vom Verbot von Abtreibung und Verhütung über Bücherverbrennungen, Einsatz von Militär gegen Demonstranten, bis zu Deportationen, sogar von Staatsbürgern, ohne Haftbefehl, ohne Prozess durch eine SS, die sich heute ICE nennt, in Staaten die sich der nationalen Jurisdiktion entziehen.

All das durchbricht man mit Erinnerungskultur genauso wenig wie mit der Antisemitismuskeule. Ein Stück weit kann man vielleicht vorher damit gegen eine solche Entwicklung impfen. Aber dafür ist es zu spät. Wir stecken schon mitten in der Lawine von Erich Kästner! Und wer glaubt, vor dem was jetzt in den USA passiert, würde uns die deutsche oder die österreichische Verfassung schützen, der ist naiv. Trump und seine Bande ignorieren Gerichte aller Ebenen hemmungslos. Wer glaubt, ein Höcke oder ein Kickl würden oder könnten das nicht, sollte bitte erklären, wer sie dabei aufhalten sollte. Ein Wiener Wahlsprengel mit Polizistenwohnungen sagt genauso deutlich wie tausende von „Einzelfällen“ wo die Sympathien der Exekutive liegen.

Wir sollten uns mehr um die Täter kümmern! Um neue Opfer zu verhindern. Denen von damals können wir nicht mehr helfen.

https://www.youtube.com/watch?v=5tQgHaEhEtY

https://taz.de/Unsicherer-Aufenthaltsstatus/!6086889/




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